Ausstellungen, Uncategorized

” My Hobby Kunst : Peter Gerhard Steger “

Pressemitteilung

17.02.2013 – 28.02.2013     Vernissage: Feb. 17. 2013, 15:00 Uhr

PETER GERHARD STEGER (1952 – 2012)
 
Eine posthume Werkschau in der Galerie am Brüsseler Platz
 
Immer wieder schreibt er mit dem blauen Kugelschreiber seinen Namen,
häufig unterstreicht er diesen mit einem dicken, entschlossenen Strich.
So, als wollte er trotzig sagen: „Ja, mich gibt es, schaut her, ich bin
Peter Gerhard Steger“: Ex-DDR, Rolling Stones, München, Amon Düül,
Köln, Informationen über seine Befindlichkeit, Politikernamen, persönliche
Statements zum Weltgeschehen. Später schreibt er auch über seine starke
Medikation gegen das Zungen-Boden-Karzinom. Der Zettelnachlass von
„Piet“ ist weniger Tagebuch, als Skizzensammlung, weniger intellektuelles
Kompendium als vielmehr das Ergebnis eines ungewöhnlich fleißigen
Chronisten – von einem, der mitten unter uns gelebt hat. Als „Piet“ aus dem
Belgischen Viertel in Köln am 03. August 2012 verstirbt, hinterlässt er nicht
nur die offenen Beerdigungskosten, sondern auch noch eine große Plastiktüte
mit seinen letzten Aufzeichnungen. 
 
Wie durch eine Fügung wird diese dem Künstler, Thomas Otto Schneider,
zugespielt. Dieser kannte Steger vom Sehen und gab ihm ab und zu einen Euro,
um den er nicht gebettelt hatte. „Unser Kontakt drehte sich im Grunde nur um
einen Blickkontakt, denn er sprach nie mit mir, erinnert sich Schneider,
Mitbegründer des Kulturprojekts „Art & Amen“ in der Kirche St. Michael,
Buchautor, Filmemacher und Werbetexter aus Köln. „Piet“ war ein eher
verschlossener Mensch und vertraute sich nur wenigen Menschen an“
erinnert sich Schneider, der letztlich aus einem Impuls heraus mit zur
Beerdigung ging. „Wir waren ein kleine Gruppe aus dem Veedel, eine
Grabrednerin und seine Familie.“
 
Durch Schneiders Engagement werden sich nun alle Bewohner des
Belgischen Viertels von ihrem ungewöhnlichen Mitbürger gebührend
verabschieden können: Neben seiner ehemaligen „Platte“ und einen Steinwurf
von seinem Lieblingscafé „Hallmackenreuther“ entfernt, werden ab dem 17.
Februar 2013 zahlreiche seiner beschriebenen Zettel, einige wenige noch
vorhandene Fotos aus Stegers Leben, wie seine letzten Notizen in der
Galerie am Brüsseler Platz ausgestellt. 
 
„Nicht nur ich habe mich immer wieder gefragt, wer das eigentlich wirklich ist,
dieser Piet und was er da immer schreibt. Heute denke ich, dass er uns eine
Menge hätte mitteilen wollen und es einfach nicht aus seiner Welt heraus
geschafft hat“ überlegt Schneider, der wochenlang Stegers Nachlass gesichtet
und mit einigen seiner Angehörigen gesprochen hat. Er erfährt so vieles über
den Mann, der zunächst sowohl eine Lehre als Werkzeugmacher und als
Maschinenbauer absolvierte und dann in jungen Jahren geheiratet hat und
früh Vater wurde. Drogenkonsum und eine Psychose veränderten sein Leben.
In einem Brief von 1976 an seine „Mutti“ beruhigt er sie: „Sie solle sich keine
Sorgen machen, er bekomme schon alles wieder alleine und ohne ihre Hilfe in
den Griff“. Nicht jeder schafft es, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
 
Peter Gerhard Steger war ab und zu Gast in der OASE, im SKM, in verschiedenen
Kölner Einrichtungen – auch das hat er notiert. Er fand sicher auch ein Stück
Heimat im Schreiben selbst, bezeichnete sich selbst als „Art-Penner“, kommentierte
Zeitschriften-Artikel, die ihm – sicher gratis – in die Hände gefallen sind.
„I’m not homosex!“ kritzelt er über einen Artikel, in dem es um die Toleranz von
US-Präsident Obama gegenüber schwulen Ehepaaren geht.
 
Peter Gerhard Steger, Art-Penner, Nachbar, Bewohner, Kölner Bürger, Wohnungsloser,
psychisch Kranker, Vater, Ex-Junkie, Bruder, Sohn – vielleicht kann eine solche
behutsam kuratierte Werkschau helfen, die Schubladen zu schließen, die allzu oft geöffnet
werden, wenn einer, wie „Piet“ ein wenig anders lebt als es das Gros der Kölner es eben tut. 
 
Christina Bacher